Foodporn, die Umweltsau?

Liebe PHOTOPIA Familie,

Digitalminister Dr. Volker Wissing hat vor Kurzem ausgerechnet die Smartphotography offiziell als Umweltsau entlarvt: In der Fragerunde der Abschlusspressekonferenz zum Treffen der G7 Digitalministerinnen und -minister am 11. Mai empfahl er den Verzicht auf (Zitat) „überflüssige Fotos von Essen“ als wertvollen Beitrag zur Lösung unserer Energieprobleme. Es kann also nicht lange dauern, bis Klima-Aktivisten sich – statt auf Straßen – vor gezückte Smartphones kleben, um Schlimmstes zu verhindern.

Klar ist, dass die von Wissing und anderen vorangetriebene Digitalisierung Energie kostet. Wie hoch genau der Anteil von so genanntem Foodporn daran ist, ließ die Pressestelle auf eine offizielle Anfrage bis zur Stunde (rund eine Woche später) unbeantwortet. Aber: Wissing zeigte sich persönlich von der Dimension beeindruckt, woraus man schließen kann, dass es kaum einen größeren Posten im Energiehaushalt gibt, als ausgerechnet Fotos von Essen. Kann man sich nicht ausdenken…

Klar: Längst werden jeden einzelnen Tag mehr Fotos gemacht, als im gesamten 19. Jahrhundert, also in den ersten 61 Jahren nach der Bekanntgabe des fotografischen Verfahrens im Jahr 1839. Damals starben Fotografen nicht selten an den Folgen des Umgangs mit den damaligen Fotochemikalien. Das harmlose Smartphotos heute dafür mitverantwortlich sein sollen, dass in der Arktis Eisbären sterben, ist jedoch in der von Wissing unterstellten (und bislang nicht weiter belegten) Tragweite schwer vorstellbar. Angesichts der umfassenden Pläne zur Umgestaltung unserer Gesellschaft zum Zwecke des Klimaschutzes mag es beruhigen, dass Wissings Pressestelle betont, es sei kein konkretes Vorhaben zur Eindämmung „überflüssiger Fotos“ geplant. Die Digitalfotografie wird also – zumindest in absehbarer Zeit – weder verboten, noch ist ein Genehmigungsverfahren in Vorbereitung, dass durchlaufen werden muss, bevor man auf den Auslöser drückt.

Bevor das kommt, bleibt zu hoffen, dass Wissing und seine G7 Kolleg*Innen sich zunächst mal um die wirkungsvolle Eindämmung vom Spam-E-Mails, fehlgeleiteter Online-Werbung, die keiner will, oder das Schürfen von Bitcoins kümmert, statt uns ausgerechnet die Freude am Fotografieren vermiesen zu wollen.

Ohne schlechtes Gewissen kann man jedenfalls im Oktober auf der PHOTOPIA Hamburg fotografieren, was Aussteller, Events, Konferenzen und Ausstellungen der Fotocommunity zu bieten haben, natürlich nur, solange es kein Essen ist …

Euer

Christian Popkes

 

Bild: @helena_wlt