„Schiffe sind ein verlässliches Motiv. Sie zappeln nicht rum“

Wenn das Containerschiff zum Sehnsuchtstransporter wird: der Schiffsfotograf von Finkenwerder

Andreas Glummert fotografiert leidenschaftlich gerne Schiffe – vom kleinen Lotsenboot bis zum Ocean Cruiser. Am liebsten sind ihm allerdings die mächtigen Containerschiffe auf der Elbe. Er findet, dass manche von ihnen geradezu Charakter haben.

 

Es kommt sehr selten vor, dass Andreas Glummert etwas anderes fotografiert als Schiffe. Warum das? „Weil sie da sind – und stillhalten“, sagt der 57-Jährige. Das ist natürlich nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Definitiv sind sie für ihn ein naheliegendes Motiv. Er lebt seit fünf Jahren wieder auf der Elbinsel Finkenwerder, wo auf dem Weg vom Meer in den Hamburger Hafen alle vorbeikommen.
 

Boote statt Rock´n´Roll      
Glummert ist hier aufgewachsen. Vater und Großvater arbeiteten auf der Werft. Mit Opa ging er immer am Deich spazieren, Schiffe gucken. Er erzählte ihm von Schiffstypen, baute ihm Holzboote zum Spielen. Die Liebe zum Maritimen hat er früh gelernt. “Dass ich dann, als ich im richtigen Alter war, nicht zur See gefahren bin, lag wohl daran, dass ich lange Haare hatte und Rockstar werden wollte”, sagt er nur halb im Spaß. Als Fotomotiv hat er die Schiffe jedenfalls in den letzten Jahren wieder in den Fokus genommen und ihnen Platz in seinem Alltag eingeräumt, wenn auch nicht hauptberuflich.

Schiffe sind ein verlässliches Motiv. Sie zappeln nicht rum, sind eher träge und ihr Auftauchen ist für ihn nie überraschend, denn er hat über eine App alle größeren zivilen Schiffe stets im Blick. „Wenn ich sehe, dass sie ins Elbfahrwasser kommen, sind sie vier Stunden später hier.“ Für die Aufnahme eines Containerschiffs braucht er etwa eine Dreiviertelstunde. Kommen gleich vier Schiffe hintereinander, ist er schon mal den ganzen Tag beschäftigt.       

Hunderttausende Wasserfahrzeuge hat er in den letzten Jahren aufgenommen – vom kleinen Lotsenboot bis zu den Containerschiffen, die ihn besonders reizen. „Diese Riesenschiffe sind nicht klassisch schön, haben aber trotzdem eine Faszination.“ Andreas Grummert beeindrucken die Größe, die Kraft, die Macht und ihre Trägheit. Gleichzeitig sind sie kaum zu beherrschen. Man kann nicht bremsen und auf der Elbe auch nicht ausweichen, muss also sehr vorausschauend fahren. Und selbst jenseits des massigen Auftretens: „So ein Schiff transportiert ja nicht nur Container, sondern auch Sehnsucht, Fernweh und Emotionen.“        
 

Der Charme des Verlebten 
Ein sogenannter „Ship Spotter“ will er aber nicht sein, darauf legt er großen Wert. Autotransporter interessieren ihn beispielsweise überhaupt nicht, die findet er potthässlich. Dafür mag er etwas abgerockte, verlebte Schiffe, weil sie mehr Charme haben und lebhafter aussehen als die neu lackierten.

Der Hamburger sieht er sich als Landschaftsfotograf, der Schiffe ins Bild aufnimmt, um unseren Blick zu lenken. Heißt: Er macht das nicht aus dokumentarischen Gründen, sondern aus ästhetischen. Andreas Glummerts Ziel sind gute Fotos. Und ja, er fotografiert auch Schiffe, die er schon mal abgelichtet hat. Denn natürlich sehen diese abhängig von der Lichtstimmung jedes Mal anders aus. Generell versucht er, Schiffe so aufzunehmen, dass sie im Bild lebendig erscheinen. Auf keinen Fall platt von der Seite! „Langweiliger kann ein Schiff nicht aussehen.“ Stattdessen etwa an der Schiffswand entlang, idealerweise auf ein Ziel wie die Elbphilharmonie gerichtet, die dann im Hintergrund zu sehen ist.
 

Lust auf Wimmelbilder

Als Perspektive bevorzugt er Standorte an der Wasserkante mit Untersicht, statt sich einen erhöhten Standpunkt zu suchen. Er liebt „Wimmelbilder“, also jene Bildausschnitte, in denen maximal viel passiert – „wie auf dem Standbild eines angehaltenen Videos.“         

Wird diese ständige Fixierung auf Schiffe denn nie langweilig? Das Gegenteil scheint der Fall: „Man bewegt sich auf sicherem Terrain, hat Routine.“ Weil Andreas Grummert sein Thema kennt, kann er sich stärker aufs Fotografieren, aufs einzelne Motiv konzentrieren, Es macht ihm Spaß, die Sache immer weiter zur Perfektion zu treiben. „Andere fotografieren ihr Leben lang Models, denen wird das ja auch nicht langweilig.“

Schiffscontainer haben es auch den PHOTOPIA-Machern angetan. Rund 350 Container werden wieder anlässlich der PHOTOPIA Hamburg vom 13 bis 16. Oktober in den Hamburger Messehallen aufgestellt, gestapelt, inszeniert.  Das Ergebnis: eine einzigartige Kulisse für Fotoenthusiasten aus aller Welt.


Weitere Infos unter
Andreas Grummert: www.volldampf-voraus.de

Andreas Grummert