Zwischenstand: Social-Media-Bildlizenz

Der Deutsche Fotorat hatte am 23. November 2022 die Mitglieder der ihm angeschlossenen Fotografen-Verbände zu einen Zoom-Podiumsgespräch zur Nutzung von Bildern im Social Web und zur neuen Social-Media-Lizenz der VG Bild-Kunst eingeladen. ProfiFoto war dabei.

Rund 100 Teilnehmer verfolgten eine Stunde online die Ausführungen von Dr. Urban Pappi (Geschäftsführender Vorstand VG Bild Kunst), J. Konrad Schmidt (Fotograf, BFF und Leiter der Initiative Bild), Sabine Pallaske (Bildgerecht), Anke Schierholz (Justiziarin VG Bild Kunst) und Marco Urban (Fotograf, FREELENS und Mit-Initiator von „Fotografie hat Urheber“) zum Zwischenstand der Entwicklung der Social-Media-Bildlizenz.

Neue VG-Verträge

Elf Monate, nachdem die Mitgliederversammlung dazu grünes Licht gegeben hat, startete die VG Bild-Kunst mit der Aussendung neuer Wahrnehmungsverträge an ihre knapp 70.000 Mitglieder, die eine Regelung zur Social-Media-Bildlizenz enthalten. Mit Stand Mitte November 2022 sind allerdings erst ca. 7.000 Verträge erneuert worden, die Rücklaufquote liegt bei 50 bis 70 Prozent. In der Zukunft soll das Projekt jedoch an Fahrt aufnehmen. Momentan schreibt die Bild-Kunst vor allem Urheber der BG II (Fotografie, Illustration, Design) an. Dr. Urban Pappi: „Im März 2023 wollen wir in diesem Bereich über 10.000 neue Verträge verfügen. Wir werden dafür bis zu 20.000 Mitglieder angeschrieben haben.“
Sabine Pallaske bezweifelt allerdings, dass die Empfänger in der Lage sind, die darin enthaltenen juristischen Formulierungen richtig zu verstehen.

„Share aber fair“

Worum es dabei geht, erklärt die VG Bild-Kunst im Rahmen ihrer Kampagne „Share aber fair“: Durch die Urheberrechtsreform 2021 haften die großen Social-Media-Plattformen für die von privaten Nutzern hochgeladenen fremden Inhalte. Facebook & Co. können aber bei Rechteinhabern Lizenzen erwerben und damit das Hochladen fremder Inhalte durch Nutzer legalisieren. Sie sind jedoch dennoch verpflichtet, das Hochladen fremder Inhalte zu verhindern, wenn dessen Urheber dies wünscht.
Bisher konnten Urheber der unrechtmäßigen Nutzung ihrer Werke auf Social-Media-Plattformen oft nur machtlos zusehen. Mit der Social-Media-Bildlizensierung will die VG Bild-Kunst ihnen die Möglichkeit bieten, sich die Nutzung ihrer Werke fair bezahlen zu lassen. Dr. Urban Pappi: „Diensteanbieter sind nicht verpflichtet, mit einzelnen Urheber Lizenzverträge abzuschließen. Für Bildautoren lohnt sich daher eine Mitgliedschaft bei der VG Bild-Kunst“, wobei diese nicht Voraussetzung dafür ist, von der Regelung zu profitieren, wie Marco Urban betont.

Verhandlungen

Die Lizenzgebühren werden direkt von den Plattformbetreibern gezahlt, und zwar rückwirkend ab dem 1. August 2021. Die Verhandlungen mit den ersten Plattformen haben im Juli 2022 begonnen. Anke Schierholz rechnet allerdings nicht mit deren Abschluss vor 2025: „Bis die ersten Zahlungen fließen und an die Urheber ausgeschüttet werden können, wird es noch dauern. Sollte die VG Bild-Kunst gerichtlich Lizenzen durchsetzen müssen, kann es noch deutlich länger dauern.“
Derzeit verhandelt die VG unter anderem mit META (Facebook, Instagram). TikTok hat aktiv das Gespräch dazu gesucht, während zum Beispiel Xing erklärt, von dem Gesetz nicht betroffen zu sein. Entsprechende Verhandlungen führen Organisationen parallel auch in anderen europäischen Ländern, doch da die Muttergesellschaften der Plattformen ihre Headquarter außerhalb Europas haben, fehlt es dort derzeit vielerorts noch an einem Problembewusstsein.

Milliarden-Geschäft

Letztlich geht es dabei um hohe Summen: Von Plattformen wie Facebook erwartet die VG Bild-Kunst 10,52 Prozent von deren Deutschlandumsatz als jährliche Vergütung. Konkrete Angaben, wie viel Werbegeld Facebook in Deutschland erwirtschaftet, macht das Unternehmen selbst nicht. Mediaexperten veranschlagen den Umsatz aber auf rund eine Milliarde Euro.
Mit den ersten Ausschüttungen für Plattformlizenzen ist allerdings frühestens in zwei bis drei Jahren zu rechnen. Über die Verteilung künftiger Erlöse aus der Social-Media-Bildlizenz ist noch nicht entschieden. Damit soll sich die Mitgliederversammlung der VG Bild-Kunst ab 2023 befassen. Derzeit können auch noch keine Meldungen für Nutzungen von Werken auf Social-Media-Plattformen abgegeben werden.

Offene Fragen

Aus Urhebersicht ergeben sich weitere offene Fragen. Probleme sieht Marco Urban zum Beispiel im Zusammenhang mit der Nutzung von Bildern durch Organisationen, wie etwa politischen Parteien, weil diese keine kommerziellen Nutzer sind, die von der Social-Media-Bildlizensierung durch die VG ausdrücklich ausgenommen sind. Dr. Urban Pappi: „Diese Frage ist berechtigt, denn politische Parteien sind keine kommerziell tätigen Akteure. Ob sich die Lizenz aufgrund gesetzlicher Vorschriften auch auf nicht kommerziell Tätige erstreckt, werden zu gegebener Zeit die Gerichte zu prüfen haben.“ Anke Schierholz ergänzt: „Die Social-Media-Bildlizenz ist eine rein urheberrechtliche Lizenz. Sie erstreckt sich weder auf Persönlichkeitsrechte der auf Fotos abgebildeten Personen, noch vermittelt sie zum Beispiel Markenrechte an Logos etc. Für deren Wahrung bleiben wie bislang die Uploader verantwortlich und die Plattformen müssen entsprechende Werke bei Rechtsverletzungen ggf. löschen. Im Fall von politischen Parteien ist der Fall klar: Bildurheber müssen eine Nutzung durch Parteien nicht dulden. Eine Löschung kann auf Basis des Urheberpersönlichkeitsrechts gefordert werden.“

Opt-out

J. Konrad Schmidt sieht vor allen Dingen offene Fragen für den Fall, dass ein Urheber nicht möchte, dass die VG Bild-Kunst seine Werke lizensiert, denn die im Gesetz vorgesehene „erweiterte Kollektivlizenz“ räumt ihr die Möglichkeit dazu auch ohne entsprechende Unterschrift ein.
Anke Schierholz: „Fotografen, die von der im neuen Wahrnehmungsvertrag inkludierten Teilnahme an der Social-Media-Bildlizensierung durch die VG nicht zustimmen wollen, sollen die entsprechende Passage einfach streichen“. Dies wird dann als globales Opt-out interpretiert. Es soll aber auch die Möglichkeit geben, nur einzelne Werke auszunehmen. Die Datenbank für die dafür erforderliche Einstellung der betreffenden Werke soll kurz vor dem Start der ersten Lizenzen fertiggestellt sein.
Nach neuer Gesetzeslage führt ein solches Opt-out allerdings nicht automatisch zu einer Filterung der betroffenen Werke, denn es könnte sich ja um eine gesetzlich erlaubte Nutzung handeln. Daher muss eine Filterung in jedem Fall bei der Plattform individuell beantragt werden. Dr. Urban Pappi: „Die VG Bild-Kunst wird zwar das Weltrepertoire des stehenden Bildes lizenzieren, es ist aber nicht realistisch, eine Datenbank dafür aufzubauen und jede einzelne Bildnutzung im Social Web zurückzuverfolgen.“

www.share-aber-fair.de

https://www.youtube.com/watch?v=VqG5jhL_Xl8